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1988: Interview mit Ulrike Nasse-Meyfarth

"Sommerzeit und Weihnachten - das passt für uns irgendwie nicht zusammen" - Ulrike Nasse-Meyfarth erlebte Weihnachten auch schon mal in SüdafrikaMit 16 Jahren stellte sie gleich zwei Rekorde auf: sie wurde jüngste Olympiasiegerin in ihrer Disziplin und gleichzeitig Weltrekordlerin obendrauf. Ulrike Nasse-Meyfarth war auch die erste Frau, die bei den Olympischen Spielen mit dem Fosbury-Flop triumphierte. Bis heute blieb sie dem Sport eng verbunden.

Neues ausprobieren

Zur Welt kam Ulrike Ulrike Nasse-Meyfarth am 4.5.56 in Frankfurt am Main und wuchs als Tochter eines Maschinenbauingenieurs in einem behüteten Elternhaus auf. Mit 13 Jahren begann sie sich für Leichtathletik zu interessieren. Bald wurde ihr großes Talent im Hochsprung erkannt. Es war auch jene Zeit, in der der US-Amerikaner Dick Fosbury bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko-Stadt mit seinem neuen Sprungstil die Welt in Erstaunen versetzte und die Goldmedaille gewann. Der Sprung rückwärts sollte sich auch für Ulrike Nasse -Meyfarth als Mittel zum Erfolg erweisen. Bereits 1971 qualifizierte sie sich für die Europameisterschaft in Helsinki, scheitere jedoch in der Qualifikation. Doch der ganz große Erfolg sollte nicht lange auf sich warten lassen.

Die Sensation von München

"Was ich damals geschafft habe, waren jugendliche Taten, die mir inzwischen etwas unwirklich vorkommen" – sagte Ulrike Nasse-Meyfarth der "Welt am Sonntag" vom 1.5.16. Mit "damals" meinte sie das Jahr 1972, das Jahr der Olympischen Sommerspiele in München. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen verdankte sie der Tatsache, dass sie in Deutschland stattfanden. Die junge Sportlerin sollte dort lediglich Erfahrungen sammeln, von denen man im Alter von 16 Jahren noch nicht allzu viele vorzuweisen hatte. Völlig unbekümmert und mit keinerlei Erwartungen belastet, ging Ulrike Nasse-Meyfarth am 4.9.72 an den Start und bezwang mühelos eine Höhe nach der anderen. Als die Latte bei 1,90 lag, sollte sich alles entscheiden: ihre Konkurrentinnen Jordanka Blagojeva und Ilona Gusenbauer scheiterten an dieser Höhe, die 16-Jährige Deutsche jedoch übersprang diese Höhe mühelos im zweiten Versuch. Die Sensation war perfekt und die Goldmedaille ihr sicher. Somit war sie die jüngste Sportlerin, die in ihrer Disziplin eine olympische Goldmedaille gewann. Doch einen Versuch wollte sie dennoch unternehmen: die Latte wanderte auf die Höhe von 1,92. Und tatsächlich: auch diese Höhe stellte für Ulrike Nasse-Meyfarth kein Hindernis dar! Mit diesem Sprung wurde sie Weltrekordlerin. Allerdings sollten die nächsten Jahre ihre Geduld auf die Probe stellen.

Neuer Anlauf

In den Folgejahren nach dem Olympiatriumph erlebte die Hochspringerin immer wieder Formknicks, schaffte es aber sechs Mal, deutsche Meisterin zu werden. Vier Mal wurde sie zweite. Ihre Teilnahme an den Olympischen Spielen in Montreal endete mit einem Fiasko: Ulrike Nasse–Meyfarth scheiterte mit 1,78 m bereits in der Qualifikation. Schließlich wechselte die Sportlerin vom ASV Köln zum TSV Bayer 04 Leverkusen, wo sie unter Gerd Osenberg ihre Leistungen deutlich verbesserte. Erfolge auf nationaler und internationaler Bühne häuften sich. Der Boykott der Olympischen Spiele in Moskau hinderte Ulrike Nasse–Meyfarth daran, ihre wieder erlangte Form unter Beweis zu stellen. Doch die Sportlerin gab nicht auf und vier Jahre später, 1984, sorgte sie erneut für Schlagzeilen: mit der Höhe von 2,02 m holte sie ihr zweites Olympiagold. Ulrike Nasse–Meyfarth kann auf eine großartige Karriere zurück blicken: neben ihren deutschen Meistertiteln holte sie mehrfach den Titel der Europameisterin, Vizeweltmeisterin, drei Mal hielt sie den Weltrekord. Heute trainiert die mehrfach ausgezeichnete Athletin die Jugend bei TSV Bayer 04 Leverkusen.

Im Dezember 1988 sprach DW-Redakteur Stephan Robin mit Ulrike Nasse–Meyfarth über Weihnachten.

Autor: Andreas Zemke

Redaktion: Uta Hardes-Schmeißer
Zeitreise / Sportgeschichte(n)
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